Die Nazis aus der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein

Neu­lich hat­te ich ja mal geguckt, wo die Nazis aus dem KZ Lich­ten­burg und die Nazis aus Buchen­wald abge­blie­ben sind. Durch einen taz-Arti­kel über den Wahr­sa­ger Max Moe­cke (taz, 25.09.2025), der in Pir­na-Son­nen­stein ermor­det wur­de, bin ich auf die­sen Ort gekom­men und habe dann mal nach­ge­schaut, wo die Nazis nach Kriegs­en­de hin­ge­gan­gen sind und was aus ihnen gewor­den ist. Der Wiki­pe­dia­ein­trag für Pir­na-Son­nen­stein lis­tet fol­gen­de Per­so­nen auf, die für Eutha­na­sie-Ver­bre­chen im Rah­men der Akti­on T4 (13.720 psy­chisch kran­ke und geis­tig behin­der­te Men­schen wur­den in Son­nen­stein mit Gift­gas ermor­det) oder Mor­de an poli­ti­schen Geg­nern zustän­dig waren.

Die Akti­on T4 wur­de 1941 von Hit­ler been­det und das Schloss Son­nen­stein anders ver­wen­det, aber eini­ge der Nazis, die T4 bis dahin umge­setzt hat­ten, mor­de­ten dann in den Ver­nich­tungs­la­gern wei­ter. Die fol­gen­den Per­so­nen wer­den im Zusam­men­hang mit den Ver­nich­tungs­la­gern genannt:

Ansons­ten wer­den im Arti­kel noch fol­gen­de Ärz­te nament­lich genannt:

1947 gab es in Dres­den einen Pro­zess (Dresd­ner Ärz­te­pro­zess), in dem Her­mann Paul Nit­sche (seit 1940 einer der medi­zi­ni­schen Lei­ter der Kran­ken­mord­ak­ti­on) und zwei Son­nen­stei­ner Pfle­ger wur­den zum Tod ver­ur­teilt. Außer­dem gab es Haft­stra­fen, die 1956 bei einer Amnes­tie erlas­sen wur­den. In Wiki­pe­dia kann man zu dem Pro­zess lesen:

Der Dres­de­ner Pro­zess gilt als einer der frü­hes­ten Ver­su­che der deut­schen Jus­tiz zur juris­ti­schen Auf­ar­bei­tung der NS-Kran­ken­mor­de. Er fand unter Ober­ho­heit der sowje­ti­schen Besat­zung statt, Rechts­grund­la­ge war das Kon­troll­rats­ge­setz Nr. 10, das unter ande­rem die Bestra­fung von Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit vor­sah.[6]

Zwi­schen dem 16. Juni und dem 25. Juni wur­den die Ange­klag­ten und die Zeu­gen in öffent­li­chen Sit­zun­gen ver­nom­men.[7] Durch die Medi­en fand der Pro­zess in der Öffent­lich­keit gro­ße Auf­merk­sam­keit. Die Säch­si­sche Zei­tung berich­te­te täg­lich über den Ver­lauf des Pro­zes­ses.[8]

Am 7. Juli 1947 wur­de das Urteil ver­kün­det.[9] Die Staats­an­walt­schaft hat­te zwar elf­mal die Todes­stra­fe bean­tragt, jedoch wur­de sie nur vier­mal aus­ge­spro­chen. Beson­ders bei den Kran­ken­schwes­tern fie­len die Urtei­le meist gerin­ger aus als gefor­dert wur­de. Ein­zel­ne Ange­klag­te, dar­un­ter der Haupt­an­ge­klag­te Alfred Schulz sowie der Lei­ter der Kin­der­fach­ab­tei­lung Arthur Mit­tag, hat­ten sich zuvor sui­zi­diert resp. Sui­zid­ver­su­che began­gen, an deren Fol­gen sie ver­star­ben. Im März 1948 wur­den die Todes­ur­tei­le in Dres­den voll­streckt, nach­dem eine Revi­si­on gegen das Urteil mit Beschluss des Ober­lan­des­ge­richts Dres­den vom 27. Sep­tem­ber 1947 als unbe­grün­det ver­wor­fen wor­den war.[10]

Ich zitie­re das hier, damit man sehen kann, dass es im Osten Auf­ar­bei­tung gab, dass es Todes­ur­tei­le gab, die voll­streckt wur­den, dass es Medi­en­be­glei­tung gab. In ent­spre­chen­den Ver­öf­fent­li­chung wird immer wie­der behaup­tet, dass es in der DDR kei­ne Auf­ar­bei­tung und kei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus gab. Die Wahr­heit ist, dass es in bestimm­ten Berei­chen die ers­ten Pro­zess gab und dass die DDR auch bei der Errich­tung von Gedenk­stät­ten dem Wes­ten bis zum Schluss weit vor­aus war.

Text­ta­fel: „Die SED betrach­tet den Auf­stieg des Natio­nal­so­zia­lis­mus als eine Fol­ge des kapi­ta­lis­ti­schen Wirt­schafts­sys­tems. Mit der Eta­blie­rung des «Arbei­ter- und Bau­ern­staa­tes» und sei­nes plan­wirt­schaft­li­chen Sys­tems sieht sie den Faschis­mus als end­gül­tig über­wun­den an. Geschichts­po­li­tisch stellt sich die Par­tei in die Tra­di­ti­on des kom­mu­nis­ti­schen Arbei­ter­wi­der­stands gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus (NS). An Orten ehe­ma­li­ger Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger wird daher vor allem an pro­mi­nen­te Kom­mu­nis­ten wie Ernst Thäl­mann erin­nert, wäh­rend ande­re Opfer­grup­pen, allen vor­an Juden:Jüdinnen, in den Hin­ter­grund gerückt wer­den.
Die drei gro­ßen «Natio­na­len Mahn- und Gedenk­stät­ten» Buchen­wald, Sach­sen­hau­sen und Ravens­brück wer­den jähr­lich von Hun­dert­tau­sen­den besucht. Da es in der Bun­des­re­pu­blik zu jener Zeit kei­ne ver­gleich­ba­ren gesamt­staat­li­chen Insti­tu­tio­nen zur Erin­ne­rung an den NS-Ter­ror gibt, wird der Umgang mit ihnen ab 1990 wich­tig für die Her­aus­bil­dung der heu­ti­gen Gedenk­stät­ten­land­schaft.“ Muse­um Uto­pie und All­tag, Eisen­hüt­ten­stadt, 07.08.2025

Jetzt noch ein­mal eine alpha­be­ti­sche Lis­te aller Per­so­nen, die ich in Wiki­pe­dia fin­den konn­te, und deren Ver­bleib nach 1945.

  • Kurt Borm (2001, Suder­burg, Nie­der­sach­sen, Borm ver­heim­lich­te sei­ne Iden­ti­tät und wur­de in Schles­wig-Hol­stein lei­ten­der Arzt. Erst 1962 wur­de er ver­haf­tet, dann aber aus der Unter­su­chungs­haft ent­las­sen. „Am 6. Juni 1972 sprach ihn das Gericht frei. Borm habe zwar objek­tiv Bei­hil­fe zur Tötung von min­des­tens 6652 Geis­tes­kran­ken geleis­tet, jedoch kön­ne ihm nicht nach­ge­wie­sen wer­den, dass er schuld­haft gehan­delt habe, da ihm „unwi­der­leg­bar das Bewusst­sein der Rechts­wid­rig­keit“ sei­nes Tuns gefehlt habe. Urteil 1974 vom Bun­des­ge­richts­hof bestä­tigt.“ Er war dann wei­ter als Arzt tätig.),
  • Kurt Bolen­der (Sui­zid vor Urteils­ver­kün­dung, 1966, Hagen, NRW, leb­te bis 1961 uner­kannt in Ham­burg die Peit­sche aus dem KZ hat­te er noch in der Woh­nung. Er war mit Diet­rich Allers befreun­det, der T4 gelei­tet hatte)
  • Klaus End­ru­weit (1994, Hil­des­heim, Nie­der­sach­sen, „Am Ende des Krie­ges noch an der Ost­front ein­ge­setzt, geriet End­ru­weit in ame­ri­ka­ni­sche Gefan­gen­schaft, aus der er jedoch als­bald wie­der ent­las­sen wur­de. Im Juni 1945 konn­te er in Hil­des­heim beim Städ­ti­schen Kran­ken­haus gegen freie Woh­nung und Ver­pfle­gung unter­kom­men. Am 1. Juli 1946 eröff­ne­te er eine Arzt­pra­xis in Bet­t­rum im Land­kreis Hil­des­heim. Gleich­zei­tig war er ab 1956 Vor­stands­mit­glied der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung sowie von 1956 bis 1957 und 1962 bis 1965 der Ärz­te­kam­mer Nie­der­sach­sens in Hil­des­heim. Dort konn­te er bis zu sei­ner Ver­haf­tung am 20. Juni 1962 unbe­hel­ligt prak­ti­zie­ren. Noch am glei­chen Tage erhielt er Haft­ver­scho­nung gegen die Auf­la­ge, sich ein­mal wöchent­lich bei der Poli­zei zu mel­den. So konn­te er wei­ter­hin prak­ti­zie­ren.“ „Noch vor Pro­zess­be­ginn ord­ne­te der Regie­rungs­prä­si­dent in Hil­des­heim am 16. Sep­tem­ber 1966 das Ruhen von End­ru­weits Bestal­lung als Arzt an. Ähn­lich wie bei sei­nem Mit­an­ge­klag­ten lös­te die­se Ent­schei­dung eine Wel­le von Soli­da­ri­täts- und Sym­pa­thie­be­kun­dun­gen aus Krei­sen sei­ner Ärz­te­kol­le­gen, Ver­bän­den und ver­schie­de­nen Bür­ger­meis­tern aus.“),
  • Kurt Franz (1998, Wup­per­tal, Lager­kom­man­dant des Ver­nich­tungs­la­gers Treb­linka. „Aus der ame­ri­ka­ni­schen Gefan­gen­schaft konn­te er flie­hen und nach Düs­sel­dorf zurück­keh­ren. Dort mel­de­te er sich am 26. Juni 1945 mit sei­nem rich­ti­gen Namen beim Arbeits­amt an. Bis Ende 1948 war er als Brü­cken­bau­ar­bei­ter tätig. Von 1949 bis zu sei­ner Ver­haf­tung an sei­nem Wohn­ort Düs­sel­dorf am 2. Dezem­ber 1959 arbei­te­te er wie­der als Koch.“ Lebens­lan­ge Haft: „Wegen sei­nes Alters und aus gesund­heit­li­chen Grün­den wur­de Franz Mit­te 1993 ent­las­sen, nach­dem er bereits seit Ende der sieb­zi­ger Jah­re Frei­gän­ger war.“),
  • Hein­rich Gley (1985, Müns­ter, NRW, „Nach Kriegs­en­de geriet er am 10. Mai 1945 in Pil­sen in ame­ri­ka­ni­sche Kriegs­ge­fan­gen­schaft, sei­ne Ent­las­sung erfolg­te am 29. Dezem­ber 1947. Anschlie­ßend arbei­te­te er bis 1958 als Mau­rer in West­fa­len und muss­te in der Fol­ge die­se Tätig­keit krank­heits­be­dingt auf­ge­ben. In Bie­le­feld wur­de Gley wegen sei­ner Zuge­hö­rig­keit zur SS, wahr­schein­lich im Rah­men der Ent­na­zi­fi­zie­rung, zu 100 Tagen Haft ver­ur­teilt, die jedoch durch die Inter­nie­rungs­haft bereits abge­gol­ten waren. Im Rah­men der Ermitt­lun­gen bezüg­lich der Ver­bre­chen in Bel­zec kam Gley Anfang der 1960er Jah­re in Haft. Im Bel­zec-Pro­zess wur­de gegen Gley und sie­ben wei­te­re Ange­klag­te ab August 1963 vor dem Land­ge­richt Mün­chen ver­han­delt. Er wur­de wegen des Puta­tiv­not­stan­des im Janu­ar 1964 außer Ver­fol­gung gesetzt und damit wur­de kei­ne Haupt­ver­hand­lung gegen ihn eröff­net. Auch wegen sei­ner Betei­li­gung an der „Akti­on T4“ kam es zu kei­nem Pro­zess. Gley starb im Juni 1985.“
  • Lorenz Hacken­holt (für tot erklärt im Wes­ten, Eini­ge Jah­re nach dem Krieg stell­te sei­ne Frau den Antrag, ihren ver­miss­ten Mann für tot zu erklä­ren. Dies geschah am 1. April 1954 durch das Amts­ge­richt Ber­lin-Schö­ne­berg zum 31. Dezem­ber 1945. Trotz ein­zel­ner Hin­wei­se, dass Hacken­holt noch am Leben sei, ende­te eine Unter­su­chung durch eine Son­der­kom­mis­si­on der Münch­ner Kri­mi­nal­po­li­zei von 1959 bis 1963 ohne Ergebnis.)
  • Gott­lieb Hering (9/1945 Stet­ten im Rems­tal, BaWü, „Nach Kriegs­en­de soll Hering wie­der kurz­zei­tig die Kri­mi­nal­po­li­zei in Heil­bronn gelei­tet haben. Er starb infol­ge einer Erkran­kung unter unge­klär­ten Umstän­den im Schloss Stet­ten (Rems­tal), wo sich ab Herbst 1943 ein Aus­weichs­kran­ken­haus der Stadt Stutt­gart befand.[3] Sowohl in sei­nem 1948 von sei­ner deut­lich jün­ge­ren Wit­we pos­tum betrie­be­nen Ent­na­zi­fi­zie­rungs­ver­fah­ren[4] als auch in sei­ner beim Poli­zei­prä­si­di­um Stutt­gart geführ­ten Per­so­nal­ak­te, laut der er sich im Okto­ber 1944 „vom Ein­satz zurück“ gemel­det habe,[5] blie­ben sei­ne Auf­ent­hal­te und Tätig­kei­ten seit Dezem­ber 1939 im Wesent­li­chen uner­wähnt. Man ging im Beneh­men mit dem Befrei­ungs­mi­nis­te­ri­um viel­mehr davon aus, dass er nicht als Haupt­schul­di­ger oder Belas­te­ter zu betrach­ten sei. Folg­lich blieb sei­ne Wit­we von der andern­falls zu erwar­ten­den Ein­zie­hung des Nach­las­ses und dem Ver­lust der Pen­si­ons­an­sprü­che ver­schont. Die­se Ent­schei­dung wur­de zuletzt noch im Jah­re 1972 bei der Über­prü­fung der soge­nann­ten 131er nach Akten­la­ge bestätigt.“
  • Otto Horn (1999, Ber­lin, „Horn wur­de vom Land­ge­richt Düs­sel­dorf am 3. Sep­tem­ber 1965 in den Treb­linka-Pro­zes­sen man­gels eines siche­ren Nach­wei­ses sei­ner Schuld frei­ge­spro­chen.“ War wohl angeb­lich gegen die Mor­de, die in sei­nem Umfeld stattfanden.)
  • Erwin Lam­bert (1976, Stutt­gart, BaWü, „Am 15. Mai 1945 wur­de Lam­bert von den Bri­ten gefan­gen genom­men und an die US-Ame­ri­ka­ner aus­ge­lie­fert, die ihn in ein Lager ins würt­tem­ber­gi­sche Aalen brach­ten. Nach Waib­lin­gen ent­las­sen, zog er zunächst nach Schwaik­heim und ließ sich dann in Stutt­gart nie­der. Dort mach­te er sich als Flie­sen­le­ger selb­stän­dig. Bei der Ent­na­zi­fi­zie­rung in Schwaik­heim wur­de Lam­bert als Mit­läu­fer ein­ge­stuft. Mit Urteil des Land­ge­richts Düs­sel­dorf vom 3. Sep­tem­ber 1965 (Az.: I Ks 2/64) wur­de er im soge­nann­ten Treb­linka-Pro­zess wegen Bei­hil­fe zum gemein­schaft­li­chen Mord an min­des­tens 300.000 Per­so­nen zu vier Jah­ren Zucht­haus ver­ur­teilt. Im Sobi­bor-Pro­zess ver­ur­teil­te ihn das Land­ge­richt Hagen am 20. Dezem­ber 1966 wegen gemein­schaft­li­cher Bei­hil­fe zum Mord an min­des­tens 57.000 Men­schen zu drei Jah­ren Zucht­haus (Az.: 11 Ks 1/64). Sara Ber­ger urteilt, Lam­bert habe die akti­ve Bereit­schaft gezeigt, Stra­te­gien zur Ver­bes­se­rung der Ver­nich­tungs­struk­tu­ren zu fin­den und maß­geb­lich zur Effi­zi­enz­stei­ge­rung der Lager bei­getra­gen.“)
  • Hein­rich Matthes (1978, JVA Bochum, Im Treb­linka-Pro­zess 1965 ver­ur­teilt, vor­her als Pfle­ger gearbeitet.)
  • Gus­tav Münz­ber­ger (1977, Gar­misch-Par­ten­kir­chen, Bay­ern „Nach Kriegs­en­de arbei­te­te Münz­ber­ger als Tisch­ler in Unter­am­mer­gau. Im Rah­men der Ermitt­lun­gen bezüg­lich der Ver­bre­chen im Ver­nich­tungs­la­ger Treb­linka geriet Münz­ber­ger in das Visier der Ermitt­lungs­be­hör­den und wur­de am 13. Juli 1963 in Haft genom­men. Der Treb­linka-Pro­zess gegen zehn Ange­klag­te fand vom 12. Okto­ber 1964 bis zum 3. Sep­tem­ber 1965 vor dem Land­ge­richt Düs­sel­dorf statt. Der Ver­fah­rens­ge­gen­stand umfass­te die Ver­ga­sung von min­des­tens 700.000 über­wie­gend jüdi­schen Men­schen sowie die töd­li­che Miss­hand­lung, Erschie­ßung, Erschla­gung sowie Erhän­gung ein­zel­ner Häft­lin­ge und zudem die Zer­flei­schung durch Bar­ry, den Dienst­hund des Lager­kom­man­dan­ten Kurt Franz. Im Pro­zess ver­such­te die Ver­tei­di­gung, Münz­ber­gers Taten zu recht­fer­ti­gen:
    „Wenn er auf eine mög­lichst letz­te Aus­nut­zung der Gas­kam­mern bestan­den habe, so sei das auch im Inter­es­se der war­ten­den Juden gewe­sen; denn je schnel­ler die Ver­ga­sun­gen erfolgt sei­en, umso kür­zer sei­en die Lei­den und Ängs­te der noch nicht ver­gas­ten Juden gewe­sen.“[3]
    Münz­ber­ger wur­de wegen Bei­hil­fe zum gemein­schaft­li­chen Mord bezie­hungs­wei­se Bei­hil­fe zum Mord zu 12 Jah­ren Zucht­haus ver­ur­teilt. Er ver­büß­te sei­ne Haft in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt Müns­ter und am 3. Sep­tem­ber 1975 wur­de aus der Haft bedingt entlassen.“)
  • Her­mann Paul Nit­sche (1948 Dres­den, nach Todes­ur­teil hin­ge­rich­tet, „Noch im Früh­jahr 1945 wur­de Nit­sche in Seb­nitz ver­haf­tet. Die von sowje­ti­schen Dienst­stel­len vor­ge­nom­me­nen Unter­su­chungs­er­geb­nis­se wur­den am 20. Juni 1946 an die deut­schen Jus­tiz­be­hör­den in Sach­sen über­ge­ben. Das Land­ge­richt Dres­den erhob am 7. Janu­ar 1947 Ankla­ge gegen Nit­sche und wei­te­re 14 Täter. Nit­sche ver­wies auf sei­nen Stand­punkt, wonach die Tötung von unheil­bar Kran­ken wis­sen­schaft­lich und auch gesell­schaft­lich gerecht­fer­tigt sei, und ver­wahr­te sich gegen die Mord­an­kla­ge. Mit Urteil vom 7. Juli 1947 wur­de er jedoch zum Tode ver­ur­teilt. Nach Ableh­nung der Beru­fung durch das Ober­lan­des­ge­richt Dres­den wur­de das Urteil am 25. März 1948 durch das Fall­beil voll­streckt und sein Leich­nam der Ana­to­mie in Leip­zig überantwortet.“)
  • Wal­ter Nowak (ver­schol­len wohl zu letzt in Ita­li­en gese­hen, davor in ame­ri­ka­ni­scher Gefangenschaft),
  • Josef Ober­hau­ser (1979 Mün­chen, Nach der Ent­las­sung aus der Gefan­gen­schaft war Ober­hau­ser 1947/48 Wald- und Säge­werks­ar­bei­ter in Beven­sen. Am 13. April 1948 wur­de er in der Ost­zo­ne ergrif­fen und am 24. Sep­tem­ber 1948 durch eine nach Befehl 201 der sowje­ti­schen Mili­tär­ver­wal­tung gebil­de­te 5. Straf­kam­mer des Land­ge­richts Mag­de­burg wegen Ver­bre­chens gegen das Kon­troll­rats­ge­setz Nr. 10 auf­grund sei­ner Zuge­hö­rig­keit zur SS als einer ver­bre­che­ri­schen Orga­ni­sa­ti­on und sei­ner Betei­li­gung an der Tötung von „Euthanasie“-Opfern in Gra­feneck, Bran­den­burg und Bern­burg zu einer Zucht­haus­stra­fe von 15 Jah­ren unter Aberken­nung der bür­ger­li­chen Ehren­rech­te auf zehn Jah­re ver­ur­teilt. Gleich­zei­tig wur­de er nach Direk­ti­ve 38 Arti­kel II Zif­fer 7 und 8 als Haupt­be­las­te­ter ein­ge­stuft. Nach acht Jah­ren wur­de Ober­hau­ser unter end­gül­ti­ger Haft­er­las­sung am 28. April 1956 im Rah­men einer Amnes­tie aus der Haft ent­las­sen. Zurück in sei­ner Hei­mat­stadt Mün­chen war Ober­hau­ser als Gele­gen­heits­ar­bei­ter und als Schank­kell­ner tätig, bis er am 21. Janu­ar 1965 vom Land­ge­richt Mün­chen I im Bel­zec-Pro­zess zu vier Jah­ren und sechs Mona­ten Zucht­haus wegen Bei­hil­fe zum gemein­schaft­li­chen Mord in 300.000 Fäl­len und wegen fünf wei­te­rer Ver­bre­chen der Bei­hil­fe zum gemein­schaft­li­chen Mord in je 150 Fäl­len ver­ur­teilt wur­de (Az.: 110 Ks 3/64, s. Web­link). Nach­dem er (unter Anrech­nung der Unter­su­chungs­haft) die Hälf­te sei­ner Stra­fe ver­büßt hat­te, wur­de er 1966 ent­las­sen und arbei­te­te wie­der als Schank­kell­ner in Mün­chen (als sol­cher erscheint er in einer kur­zen Sze­ne in Clau­de Lanz­manns Film Sho­ah[4]). Wegen der in Ita­li­en began­ge­nen Kriegs­ver­bre­chen wur­de er im April 1976 von einem ita­lie­ni­schen Gericht in Abwe­sen­heit zu einer lebens­lan­gen Frei­heits­stra­fe ver­ur­teilt. Da die ita­lie­ni­sche Jus­tiz auf einen (wegen feh­len­der Rechts­grund­la­gen aus­sichts­lo­sen) Aus­lie­fe­rungs­an­trag ver­zich­te­te, brauch­te er die­se Stra­fe nicht anzutreten.“)
  • Paul Rost (1984, Dres­den, Sach­sen „Paul Rost geriet 1945 in Öster­reich in ame­ri­ka­ni­sche Gefan­gen­schaft und war kurz­zei­tig im Lager Habach inter­niert. Dort soll er Wal­ter Nowak wie­der­ge­trof­fen haben,[8] der jedoch nach ande­ren Quel­len bereits seit 1943 oder 1944 tot war.[9] Von dort wur­de er nach kur­zer Zeit ent­las­sen und ging nach Dres­den zu sei­ner Fami­lie zurück. Kurz dar­auf nahm ihn dort 1946 die Sowje­ti­sche Armee in Unter­su­chungs­haft. Paul Rost wur­de im glei­chen Jahr im Rah­men des Dresd­ner Eutha­na­sie-Pro­zes­ses ver­nom­men und anschlie­ßend wie­der auf frei­en Fuß gesetzt.[10] Eine wei­te­re Straf­ver­fol­gung fand nicht statt. Die DDR lehn­te 1971 eine Zeu­gen­ver­neh­mung von Rost im Zusam­men­hang mit dem Pro­zess des Land­ge­richts Frank­furt am Main gegen den Direk­tor der Tötungs­an­stalt Son­nen­stein Horst Schu­mann ab.“)
  • Curt Schma­len­bach (1944 bei Flug­zeug­ab­sturz gestorben)
  • Alfred Schulz (1947, Haft­kran­ken­haus Zwi­ckau, evtl. Suizid)
  • Horst Schu­mann (1983, Frank­furt am Main, Im Janu­ar 1945 kam er als Trup­pen­arzt an die West­front, wo er in ame­ri­ka­ni­sche Gefan­gen­schaft geriet, aus der er im Okto­ber 1945 wie­der ent­las­sen wur­de. Mit sei­ner Frau zog er nach Glad­beck und mel­de­te sich beim dor­ti­gen Ein­woh­ner­mel­de­amt ord­nungs­ge­mäß am 15. April 1946 an. Zunächst als Sport­arzt in Diens­ten der Stadt Glad­beck, eröff­ne­te er 1949 mit einem Flücht­lings­kre­dit eine eige­ne Pra­xis. Im Juli 1950 wur­de er Knapp­schafts­arzt der Ruhr­knapp­schaft, obwohl sein Name bereits in Eugen Kogons frü­hem Werk Der SS-Staat genannt wur­de. Ein Antrag vom 29. Janu­ar 1951 auf Ertei­lung eines Jagd- und Fische­rei­sch­ei­nes bei der Stadt Glad­beck führ­te schließ­lich auf­grund des erfor­der­li­chen poli­zei­li­chen Füh­rungs­zeug­nis­ses zu sei­ner Ent­tar­nung als ein von der Staats­an­walt­schaft Tübin­gen Gesuch­ter. Die zöger­li­chen Ermitt­lun­gen ermög­lich­ten es Schu­mann jedoch, am 26. Febru­ar 1951 ins Aus­land zu flie­hen. Nach drei Jah­ren als Schiffs­arzt erhiel­ten die deut­schen Behör­den erst­mals wie­der am 25. Febru­ar 1954 durch das deut­sche Gene­ral­kon­su­lat im japa­ni­schen Osa­ka-Kobe einen Hin­weis auf Schu­mann. Die­ser hat­te dort einen deut­schen Rei­se­pass bean­tragt und erhal­ten. Die Spur Schu­manns führ­te dann 1955 wei­ter nach Ägyp­ten und Mit­te des glei­chen Jah­res in den Sudan, wohin ihm auch sei­ne Frau nach­reis­te. In der Wochen­zei­tung Christ und Welt, deren Redak­ti­ons­lei­ter der Jour­na­list und ehe­ma­li­ge SS-Haupt­sturm­füh­rer Gisel­her Wir­sing war, erschien am 16. April 1959 ein Arti­kel über einen „zwei­ten Albert Schweit­zer“ in Li Jubu, einem Ort im Grenz­ge­biet von Sudan, Kon­go und Fran­zö­sisch-Äqua­to­ri­al­afri­ka, und führ­te damit unge­wollt zur Ent­tar­nung Schu­manns. Einem Haft­be­fehl konn­te sich Schu­mann durch sei­ne Flucht über Nige­ria nach Gha­na ent­zie­hen, wo er in Kete Kra­chi ein Urwald­kran­ken­haus errich­te­te und lei­te­te. […] Ein Repor­ter der bri­ti­schen Zei­tung Dai­ly Express ent­deck­te das Ehe­paar Schu­mann 1962 in Gha­na. Ein deut­sches Aus­lie­fe­rungs­er­su­chen aus dem Vor­jahr wur­de vom gha­nai­schen Staats­prä­si­den­ten Kwa­me Nkru­mah, der Schu­mann zu sei­nen Freun­den zähl­te, igno­riert. Erst nach Nkru­mahs Sturz im Febru­ar 1966 wur­de Schu­mann von den neu­en Macht­ha­bern fest­ge­setzt und am 7. März 1966 in Aus­lie­fe­rungs­haft genom­men. Am 17. Novem­ber 1966 wur­de er an Deutsch­land aus­ge­lie­fert und in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt Butz­bach in Hes­sen in Unter­su­chungs­haft genom­men. Der Pro­zess gegen Schu­mann begann am 23. Sep­tem­ber 1970 vor dem Land­ge­richt Frank­furt am Main und geriet auf­grund der zahl­rei­chen und teil­wei­se dubio­sen Gut­ach­ten über sei­ne Ver­hand­lungs­un­fä­hig­keit zum Jus­tiz­skan­dal. Schließ­lich wur­de das Ver­fah­ren am 14. April 1971 wegen Ver­hand­lungs­un­fä­hig­keit, bedingt durch einen zu hohen Blut­druck des Ange­klag­ten, vor­läu­fig ein­ge­stellt. Am 29. Juli 1972 erfolg­te sei­ne Haft­ent­las­sung. Den Rest sei­nes Lebens ver­brach­te Schu­mann in Frank­furt-Seck­bach, wo er 1983 verstarb.“)
  • Ewald Wort­mann (1985, Osna­brück, Nie­der­sach­sen, 1950 kehr­te Wort­mann aus der sowje­ti­schen Gefan­gen­schaft zurück. Er eröff­ne­te in Fried­rich­skoog eine all­ge­mein­ärzt­li­che Pra­xis, hei­ra­te­te und hat­te vier Kin­der. Wort­mann konn­te erst als letz­ter T4-Arzt für den soge­nann­ten ers­ten Ärz­te­pro­zess gegen Ull­rich und ande­re vor dem Frank­fur­ter Land­ge­richt ermit­telt wer­den. Am 21. März 1963 sag­te er erst­mals als Zeu­ge im Ver­fah­ren gegen den T4-Arzt Georg Ren­no aus. Ein gegen Wort­mann ein­ge­lei­te­tes Ermitt­lungs­ver­fah­ren wur­de am 1. August 1969[9] ein­ge­stellt. Im Pro­zess gegen sei­nen ehe­ma­li­gen Vor­ge­setz­ten und Lei­ter der Ver­ga­sungs­an­stalt Son­nen­stein, Horst Schu­mann, ver­wei­ger­te er im Okto­ber 1970 sei­ne Aus­sa­ge. Wort­mann war der ein­zi­ge der T4-Ärz­te, der zumin­dest „eine gewis­se mora­li­sche Schuld“ ein­räum­te, „weil ich nichts gegen die­se Din­ge unter­nom­men habe. Das ist aber nur eine Ange­le­gen­heit, die mich inner­lich trifft. Ich konn­te ja damals über­haupt nicht gegen die­se Din­ge antre­ten. Es fehl­te mir die Mög­lich­keit und auch der Ein­fluß.“[10] In den Jah­ren 1969/70 dreh­te der Nord­deut­sche Rund­funk einen Doku­men­tar­film über Wort­mann und sei­ne Fami­lie, in dem unter dem Titel „De Dok­tor snackt platt“ die Situa­ti­on eines „typi­schen“ Land­arz­tes dar­ge­stellt wer­den soll­te. Die Auf­nah­men fan­den im Herbst 1969 statt; gesen­det wur­de der Film im Juni 1970.[11]“)

So. Zusam­men­fas­sen kann man sagen, dass von denen, die in Wiki­pe­dia auf­ge­führt sind, nur einer, näm­lich Paul Rost, im Osten geblie­ben sind. Im Osten wur­den Men­schen für ihre Ver­bre­chen zum Tode ver­ur­teilt oder begin­gen vor dem Urteil Sui­zid. Im Wes­ten wur­den eini­ge ver­ur­teilt aber im Rah­men von grö­ße­ren Pro­zes­sen wegen Mord an 700.000 Men­schen. Aber selbst da wur­den teil­wei­se Ver­fah­ren ein­ge­stellt, weil sie sehr spät erfolg­ten oder war­um auch immer.

Von 19 Per­so­nen ist einer im Osten geblie­ben und einer im Osten ver­ur­teilt wor­den und dann in den Wes­ten gegan­gen. Das ist genau so wie die Ergeb­nis­se zu Lich­ten­burg und Buchen­wald und genau­so, wie es uns die Pro­pa­gan­da zu DDR-Zei­ten gesagt hat. Die gro­ßen Nazis waren alle in den Wes­ten geflo­hen. Wer will es ihnen verdenken.

Da die AfD nun auch im Wes­ten erfolg­reich ist, begin­nen die ers­ten Men­schen zu begrei­fen, dass die Ursa­chen für den Erfolg der neu­en Nazis viel­leicht doch nicht oder nicht allein in der DDR-Ver­gan­gen­heit lie­gen, die nun auch schon 36 Jah­re hin­über ist. Viel­leicht gibt es ja Ursa­chen in der Zeit danach und viel­leicht sind es letzt­end­lich die­sel­ben wie im Wes­ten auch. Die Pro­ble­me wur­den nicht erkannt, weil es die­se beque­me Mög­lich­keit der Exter­na­li­sie­rung und Ver­drän­gung gab: ein Ost­pro­blem. Nee! 

Habt Ihr nun davon.

Nachtrag 26.09.2025

Ich wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass in Stadt­ro­da (Thü­rin­gen) auch Kin­der ermor­det wur­den. Die Sta­si hat davon 1965 erfah­ren, die Sache wur­de aber nicht ver­folgt. Mar­ga­re­te Hiel­schler hat bis zur Beren­tung 1965 als lei­ten­de Ober­ärz­tin in Stadt­ro­da gearbeitet.

Ger­hard Kloos war Direk­tor der Lan­des­heil­an­stal­ten Stadt­ro­da und als sol­cher an den Eutha­na­sie­ver­bre­chen betei­ligt. Er ist 1988 in Göt­tin­gen gestor­ben. Man lese sei­nen Wiki­pe­dia-Ein­trag, um sich über die Ver­net­zung mit T4-Leu­ten und sei­ne wei­ter Lehr­tä­tig­keit an west­deut­schen Uni­ver­si­tä­ten zu informieren.

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