Der Anfang vom Ende

Heu­te vor 34 Jah­ren war Micha­el Gor­bat­schow in Ber­lin. Zum 40 Geburts­tag der DDR. Eine gute Bekann­te von mir, die heu­te mei­ne Frau ist, hat­te irgend­wann 1989 eine Woh­nung bekom­men und einen Ter­min für die Ein­wei­hung gesucht. Da der 7.10. ein Fei­er­tag war und nie­mand von ihren Freun­den zu irgend­wel­chen der offi­zi­el­len Fei­ern gehen wür­de, hat­te sie den 7.10. gewählt. Am 07. Mai 1989 fan­den in der DDR Kom­mu­nal­wah­len statt (Wiki­pe­dia-Ein­trag zu die­sen Wah­len). Die Bür­ger­be­we­gung orga­ni­sier­te zusam­men mit der Kir­che eine flä­chen­de­cken­de Prä­senz bei den Aus­zäh­lun­gen. Das war im Wahl­ge­setz der DDR so vor­ge­se­hen. Der Beschiss fand bei der Zusam­men­füh­rung der Wahl­er­geb­nis­se auf Stadt­be­zirks- bzw. Bezirks­ebe­ne statt, wo dann ein Wahl­er­geb­nis von 98,85% für die Kandidat*innen der Natio­na­len Front (SED + Block­par­tei­en) her­aus­kam. Mei­ne Schwes­ter war bei den Aus­zäh­lun­gen in Buch dabei. Dort waren 70% der Wähler*innen für die Block­par­tei­en. Von der Kunst­hoch­schu­le in Wei­ßen­see ist auch bekannt, dass nur 50% der Wähler*innen dafür waren. Seit dem 7. Juni gab es des­halb jeden Monat Pro­tes­te der Oppo­si­ti­on an der Welt­zeit­uhr am Alex­an­der­platz. Es war klar, dass es am 7.10. eine Ter­min­kol­li­si­on gab. Gor­bat­schow in der Stadt. 40 Jah­re DDR. Jubel­fei­ern mit ein paar Sach­sen, die zum Fei­ern her­an­ge­karrt wor­den waren.

Hon­ecker fei­er­te im Palast der Repu­blik. Andrej Herm­lin trat dort auf. Er hat Hon­ecker gese­hen, als die Pro­tes­te von drau­ßen drin­nen wahr­ge­nom­men wor­den waren. Hon­ecker saß allein an einem Tisch. Herm­lin wuss­te da schon, dass das das Ende der DDR war. (Bericht in der taz, 07.10.2009) Wir waren auf dem Weg nach Hellersdorf.

Vie­le der Par­ty­gäs­te, die Freun­de von der Jun­gen Gemein­de, kamen erst kurz vor Zwölf. Sie waren am Alex­an­der­platz gewe­sen. Sie berich­te­ten von Was­ser­wer­fern, Poli­zis­ten mit Schutz­hel­men. Ich wuss­te von den Was­ser­wer­fern, aber nie­mand hat­te sie je gese­hen. Im Ein­satz gese­hen. Poli­zis­ten mit Schutz­hel­men gab es nur im Westfernsehen.

Wir saßen um ein klei­nes Küchen­ra­dio und ver­such­ten irgend­wie Infor­ma­ti­on zu bekom­men. Jede hal­be Stun­de Nach­rich­ten: SFB. Rias. Wie eine klei­ne Ver­schwö­rung. Mit der letz­ten U‑Bahn ver­ließ ich Hel­lers­dorf und war gegen 1:30 Uhr Schön­hau­ser Allee. An der Geth­se­ma­n­e­kir­che war alles abge­sperrt. Eine Poli­zei­ket­te stand in der Star­gar­der. Ich hat­te Befürch­tun­gen, dass ich mei­ne Woh­nung nicht mehr errei­chen wür­de. Aber ich kam unbe­hel­ligt an LKWs und Strei­fen­wa­gen vor­bei, sah noch drei voll besetz­te Mann­schafts­wa­gen in die Gleim­stra­ße ein­bie­gen und war dann im ret­ten­den Haus­ein­gang ver­schwun­den. Ich war sehr froh, dass ich da durch­ge­kom­men war, denn ich war noch in Buch gemel­det und wie hät­te ich der Staats­ge­walt erklä­ren sol­len, dass ich „da hin­ten“ in einer besetz­ten Woh­nung wohnte?

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