Grazhdanskaya Oborona Bce idiot po planu war der Hit. In meinem ersten Urlaub nach Mauerfall, als ich überall hätte hinfahren können, sind wir nach Moskau gefahren zu einer befreundeten Punk-Band. An der Krim sollte ein Konzert stattfinden, das wurde aber abgesagt, weil Skinheads einen erschlagen hatten. Wir waren dann ohne Einladung an der Krim. Man darf sich nur 200km im Umkreis des Ortes bewegen, für den man eine Einladung hat. Das war Moskau.
Wir zelteten in den Bergen neben dem offiziellen Ferienlager des Energieinstitutes (Московский Энергетический Институт). Das war voll, aber es fuhr immer das ganze Institut hin. Die, die keine Plätze hatten, zelteten halt in den Bergen um das Lager.
Aus dem Recorder mit schwächelnden Batterien leierten die Sex Pistols: Problem, problem, …
10 Leute versoffen jeden Abend das Monatsgehalt eines Russen. Es gab zwei Cocktails: Molotow und Ribbentrop. Moltow war Wodka mit Portwein und Ribbentrop war Portwein mit Wodka. Es kann auch sein, dass es umgekehrt war, ich möchte keine Unwahrheiten verbreiten.
Jedenfalls konnten alle singen. Die Bands und die Fans. Ihre Lieder und anderen Lieder. Mir war es peinlich, dass ich nicht singen konnte.
Wir sangen Bce idiot po planu von Grazhdanskaya Oborona.
Als wir von unserer Reise zurück nach Moskau kamen und in der fast leeren Metro unterwegs waren, spielte Dan ein, zwei Akkorde von Bco idiot po planu. Uns gegenüber saß ein Mann in unserem Alter. Er griff Dans Gitarre und sang das Lied. Alle sangen mit. Untergrund im Untergrund. Ein irrer Moment.
Für die Jungen: Damals gab es keine Handies, kein Spotify, Schallplatten produzierte nur der Staat. Diese Lieder wanderten nur von Lagerfeuer zu Lagerfeuer. Von Kassettenrecorder zu Kassettenrecorder. Dennoch kannten sie alle, also der Untergrund. Von Sibirien bis Leningrad, von Leningrad bis zur Krim.
Hier ist das Lied in der Akustik-Version:
Das hier ist eine Version mit Band und Untertiteln:
Der Sänger entwickelte sich dann zu einer fragwürdigen Gestalt mit rechtsextremen Ansichten … Lief nicht ganz nach Plan.
Quellen
Landenberger, Yelizaveta. 2025. Dank Röntgen erklang der Underground hinter dem Eisernen Vorhang. taz, 01.08.2025. Berlin. (https://www.taz.de/!6102572)