Kahane 2.0: Nicht-Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der DDR vs. Universalismus

Holocaust nicht thematisiert oder relativiert?

Vor sie­ben Jah­ren behaup­te­te Anet­ta Kaha­ne, dass die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Holo­caust in der DDR weder auf sys­te­mi­scher noch auf indi­vi­du­el­ler Ebe­ne gewollt gewe­sen sei.

Im Osten war eine sys­te­mi­sche und indi­vi­du­el­le Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus und der Sho­ah nicht gewollt. Dies hät­te zu Fra­gen nach Men­schen­rech­ten oder Min­der­hei­ten­schutz geführt, die nur bei Stra­fe des Unter­gangs der DDR zu beant­wor­ten gewe­sen wären. 

Anet­ta Kaha­ne, Debat­te Ost­deut­sche und Migran­ten: Nicht in die Fal­len tap­pen, taz, 12.06.2018

Sie­ben Jah­re spä­ter weist ihr Nef­fe in einem Inter­view in Mono­pol dar­auf hin, dass es einen Uni­ver­sa­lis­mus gege­ben habe, in dem der Holo­caust mit den Mor­den an Kommunist*innen, Homo­se­xu­el­len usw. gemein­sam behan­delt wur­de. Immer­hin wird die Exis­tenz des Geden­kens nicht ganz geleug­net, wie das bei Ines Gei­pel der Fall war. Ich habe Anet­ta Kaha­nes und Ines Gei­pels Aus­sa­gen von 2018 und 2019 im Blog-Post Der Ossi und der Holo­caust dis­ku­tiert. Was will man gegen den Uni­ver­sa­lis­mus-Vor­wurf sagen? Uni­ver­sa­lis­mus ist ein schö­nes Schlag­wort dafür, dass sich die Kommunist*innen selbst gefei­ert haben. Da war viel Pro­pa­gan­da dabei, aber letzt­end­lich hat­ten die Men­schen, die im Wider­stand waren, auch das Recht dazu, stolz zu sein. Und es war nicht der Fall, dass der Völ­ker­mord an den Juden unter den Tisch gekehrt wur­de, wie Anet­ta Kaha­ne behaup­tet hat. Leo Kaha­ne war an einer Aus­stel­lung über jüdi­sches Leben in der DDR betei­ligt. Er weiß, dass es über 1000 Bücher zum jüdi­schen Leben, zum Holo­caust und zum Wider­stand gab, dass es über 1000 Fil­me gab (zu den Details sie­he Der Ossi und der Holo­caust). Aus­schnit­te aus den Fil­men konn­te man in der Aus­stel­lung sehen.

Über­sicht der Film­se­quen­zen, die in der Aus­stel­lung „Ein ande­res Land – Jüdisch in der DDR“ gezeigt wur­den, Jüdi­sches Muse­um, Ber­lin, 19.11.2023

Es gab dort auch ein Regal mit Büchern. 

Bücher in der Aus­stel­lung „Ein ande­res Land – Jüdisch in der DDR“, Jüdi­sches Muse­um, Ber­lin, 19.11.2023

Ich habe über die Aus­stel­lung in Aus­stel­lung: „Ein ande­res Land. Jüdisch in der DDR.“ geschrie­ben. All die Auf­ar­bei­tung und Aus­ein­an­der­set­zung und das Geden­ken wird igno­riert und abge­tan, indem man behaup­tet, die Kommunist*innen hät­ten sich nur selbst gefeiert.

Das Inter­view mit Leo Kaha­ne ist in einer Inter­view­rei­he der Zeit­schrift Mono­pol erschie­nen, zu der auf der Sei­te steht:

Es ist Teil der Rei­he „Osten vom Wes­ten“, für die Kage als in West­deutsch­land Auf­ge­wach­se­ner Gesprä­che mit Kul­tur­schaf­fen­den führt, die ihre Kar­rie­ren noch in der DDR begon­nen haben.

Die­se Aus­sa­ge ist lus­tig, denn Kaha­ne war zum Fall der Mau­er 4 Jah­re alt. Er wird damals noch im Bud­del­kas­ten Sand­förm­chen gebas­telt haben. Aber viel­leicht waren die von beson­de­rem künst­le­ri­schen Wert. Kaha­ne ist also in der­sel­ben Gene­ra­ti­on wie Anne Rabe und die Aus­sa­gen auch von ähn­li­cher Qua­li­tät. Ich gehe ein­fach mal eini­ge State­ments durch.

In der DDR hat­te man den Faschis­mus in Gän­ze über­wun­den. Die neu­en Faschis­ten ver­or­te­te man in Isra­el und in Ame­ri­ka und hat so rela­tiv naht­los an zen­tra­le ideo­lo­gi­sche Ele­men­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus anknüp­fen kön­nen und sie inso­fern auch nicht auf­ar­bei­ten müssen.

Leo Kaha­ne. 2025. Künst­ler Leon Kaha­ne „In der DDR gab es im Grun­de kei­ne Erin­ne­rungs­kul­tur“, Mono­pol. 20.06.2025

Also die USA waren ganz klar der Klas­sen­feind. Sie waren Kapi­ta­lis­ten und Impe­ria­lis­ten. Das wur­de uns so ver­mit­telt. Faschis­mus war etwas ande­res, jeden­falls habe ich nie von solch einer Gleich­set­zung gehört. Die Sache mit Isra­el ist kom­plex. Es war nicht von Anfang an klar, wel­chem Block sich Isra­el anschlie­ßen wür­de. Es gab auch Sym­pa­thien für den Ost­block, letzt­end­lich schlug das Pen­del aber in Rich­tung Kapi­ta­lis­mus aus und die Block­lo­gik ergab dann, dass Isra­el auch Klas­sen­feind war. Das hat erst mal nichts mit Anti­se­mi­tis­mus zu tun, auch wenn das gern in einen Topf gewor­fen wird. Ein lus­ti­ges Gedan­ken­ex­pe­ri­ment ist es, sich aus­zu­ma­len, was pas­siert wäre, wenn Isra­el sich dem Ost­block ange­schlos­sen hät­te. Wür­de man dann alle, die das kri­ti­sie­ren, als Anti­se­mi­ten bezeich­nen? Oder nicht? Wenn nicht, war­um nicht?

Die Lager, die auf dem Gebiet der spä­te­ren DDR waren, haben eine Uni­ver­sa­li­sie­rungs-Erzäh­lung, die den Fokus ganz stark auf die kom­mu­nis­ti­schen Wider­ständ­ler legt, auf die Selbst­be­frei­ung und so wei­ter. Die Juden hat­ten dort, über die gan­ze DDR hin­weg, eigent­lich kei­nen Raum. Und das ist etwas, was gera­de wie­der Kon­junk­tur hat.

Die­se Aus­sa­ge ist falsch. Die Mor­de an den Juden kamen im Film vor, der in Buchen­wald allen Besucher*innen gezeigt wur­de. Sie­he dazu den Wiki­pe­dia-Ein­trag zum Film O Buchen­wald bzw. den Blog-Post Der Ossi und der Holo­caust. Wäh­rend vie­le West­deut­sche noch nie ein KZ gese­hen haben, war der Besuch eines KZs in der DDR für Schüler*innen Pflicht. Der Buchen­wald-Film wur­de den Besucher*innen der Gedenk­stät­te gezeigt. Er ist noch heu­te gele­gent­lich bei kom­men­tier­ten Vor­füh­run­gen zu sehen.

Der Inter­view­er Jan Kage behaup­tet in einer Fra­ge über die Zeit nach der Wende:

Und gleich­zei­tig gab es ein neu­es jüdi­sches Leben, auch eine jüdi­sche Immi­gra­ti­on, dar­un­ter vie­le, die aus Ost­eu­ro­pa hier nach Ber­lin kamen. Die Syn­ago­ge wur­de wie­der in alter Pracht auf­ge­baut. Es gab einen Aufbruch.

Was dabei uner­wähnt bleibt, ist, dass die Grund­stein­le­gung für den Wie­der­auf­bau der Syn­ago­ge am 10. Novem­ber 1988 statt­fand. Einen Tag nach dem Jah­res­tag der Reichs­pro­grom­nacht. Ein Jahr vor dem Fall der Mau­er. Kaha­ne war da drei Jah­re alt.

Kaha­ne sagt zu den Wahl­er­fol­gen der AfD in den neu­en Bundesländern:

War­um wird in den soge­nann­ten „neu­en Bun­des­län­dern“ so viel AfD gewählt? Mei­nes Erach­tens hat das mehr mit der ver­säum­ten Auf­ar­bei­tung zu tun als mit der Trans­for­ma­ti­ons­er­fah­rung der Wende.

Ja, lie­ber Leo Kaha­ne. Das ist Dei­ne Geschich­te und auch die von Anne Rabe. Und die von Ines Gei­pel und von Dei­ner Tan­te. Sie wird von West-Medi­en ger­ne gedruckt, weil sie so schön ent­las­tend ist. Denn, wenn es die Trans­for­ma­ti­ons­er­fah­run­gen wären, dann wäre der Wes­ten mit­schul­dig. Wäre es aber eine man­geln­de Auf­ar­bei­tung oder, wie bei Anne Rabe behaup­tet, irgend­wel­che Gewalt­er­fah­run­gen oder bei Pfeif­fer das gemein­sa­me Sit­zen auf dem Töpf­chen im Kin­der­gar­ten, dann könn­te man die Ossis irgend­wie patho­lo­gi­sie­ren, als anders abtun und das Pro­blem exter­na­li­sie­ren. Man braucht dann noch ein biss­chen Huf­ei­sen­theo­rie dazu, damit man erklä­ren kann, war­um so vie­le Ossis erst Die Lin­ke gewählt haben und nun AfD wäh­len. Das macht lei­der aber kei­nen Sinn, weil Bodo Rame­low ein lie­ber Sozi­al­de­mo­krat ist (Thü­rin­gen hat­te einen Minis­ter­prä­si­den­ten von Der Lin­ken) und sei­ne Ansich­ten abso­lut inkom­pa­ti­bel mit denen des hes­si­schen Nazis Björn Höcke sind.

Kage fragt:

In der jüdi­schen Com­mu­ni­ty der DDR waren vie­le Kom­mu­nis­ten und Sozia­lis­ten. Sie waren also säku­lar. Zur kogni­ti­ven Dis­so­nanz gibt es eine Anek­do­te von Gre­gor Gysi, des­sen Vater Klaus ein paar Jah­re Kul­tur­mi­nis­ter der DDR war, und der auch aus einer jüdi­schen Fami­lie stammt. Als Ägyp­ten und Syri­en 1973 Isra­el über­fie­len, der Jom-Kip­pur-Krieg, gab es ein State­ment der SED, in dem die israe­li­sche Aggres­si­on ver­ur­teilt wur­de. Die­ses soll­ten alle jüdi­schen Per­so­nen des öffent­li­chen Lebens in der DDR unter­schrei­ben. Und der Sohn frag­te den Vater, der die Sho­ah über­lebt hat­te und der von die­sem Staat über­zeugt war, woher die denn wüss­ten, dass sie jüdisch sind. “Haben die Lis­ten?” Wie war das jüdi­sche Leben in der DDR organisiert? 

Ich weiß nicht, war­um Gysi die Geschich­te erzählt, aber die Ant­wort war ganz klar: Ja, es gab Lis­ten, denn die Men­schen, die KZs oder sonst wie Ver­fol­gung durch die Nazis über­lebt hat­ten, waren als Ver­folg­te des Nazi­re­gimes regis­triert (auch mein Groß­on­kel) und beka­men eine höhe­re Ren­te, konn­ten frü­her in Ren­te gehen und so weiter. 

Dies gilt im Prin­zip auch für die von der Deut­schen Wirt­schafts­kom­mis­si­on (DWK) am 5. Okto­ber 1949, d.h. zwei Tage vor der Grün­dung der DDR, erlas­se­nen »Anord­nung zur Siche­rung der recht­li­chen Stel­lung der aner­kann­ten Ver­folg­ten des Nazi­re­gimes«, die künf­tig den Eck­pfei­ler der Wie­der­gut­ma­chung in der DDR bil­de­te: Sie gewähr­te aner­kann­ten Opfern des Faschis­mus Alters- und Arbeits­un­fä­hig­keits­ren­ten, beson­de­re Berück­sich­ti­gung bei der Wohn- und Gewer­be­raum­ver­ga­be, aus­rei­chen­de Ver­sor­gung mit Haus­rat, umfas­sen­de Leis­tun­gen zur gesund­heit­li­chen Reha­bi­li­tie­rung sowie beson­de­re Stu­di­en­bei­hil­fen für ihre Kin­der. Im Febru­ar 1950 erlas­se­ne Richt­li­ni­en regel­ten den Kreis der Berech­tig­ten. In der detail­lier­ten Auf­lis­tung stan­den zwar die poli­tisch Ver­folg­ten, ins­be­son­de­re die­je­ni­gen, die aktiv gegen das NS-Regime gekämpft hat­ten, an der Spit­ze, doch waren die an zwölf­ter Stel­le genann­ten ras­sisch Ver­folg­ten dabei mate­ri­ell-recht­lich nicht dis­kri­mi­niert. Aller­dings waren die Ansprü­che auf sol­che aner­kann­ten Opfer des Faschis­mus beschränkt, die auf dem Ter­ri­to­ri­um der SBZ/DDR leb­ten – 1949 sol­len es etwa 50 000 gewe­sen sein.

Gosch­ler, Con­stan­tin. 1993. Pater­na­lis­mus und Ver­wei­ge­rung — Die DDR und die Wie­der­gut­ma­chung für jüdi­sche Ver­folg­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus. In Benz, Wolf­gang (ed.), Jahr­buch für Anti­se­mi­tis­mus­for­schung, vol. 2. Frankfurt/Main: Campus-Verlag.

Aber unab­hän­gig davon hat­te der Staat Lis­ten über alles Mög­li­che. Die DDR war ein Über­wa­chungs­staat mit einem enorm auf­ge­bläh­ten Geheim­dienst und Netz von inof­fi­zi­el­len Mit­ar­bei­tern (ehm, hüstl viel­leicht auch IM Gre­gor und ganz sicher IM Vic­to­ria, SCNR).

Letzt­end­lich waren die Per­so­nen, die zu Stel­lung­nah­men gedrängt wur­den, Per­so­nen des öffent­li­chen Lebens, die sich unter­ein­an­der gekannt haben dürf­ten und die sicher von­ein­an­der wuss­ten, war­um sie im KZ gewe­sen waren oder wo sie in der Emi­gra­ti­on gewe­sen waren.

Die Erklä­rung, die jüdi­sche Bür­ger der DDR zu einem Krieg in der Regi­on abge­ge­ben haben, bezog sich auf den Sechs­ta­ge­krieg. Ich habe sie in der Aus­stel­lung foto­gra­fiert, an der auch Leo Kaha­ne betei­ligt war (sie­he unten). Der Sechs­ta­ge­krieg fand 1967 statt. Der Jom-Kip­pur-Krieg dann 1973. Jan Kage sagt rich­tig über den Jom-Kip­pur-Krieg, dass Ägyp­ten und Syri­en Isra­el ange­grif­fen haben. Aber um die­sen Krieg ging es über­haupt nicht, son­dern eben um den Sechs­ta­ge­krieg von 1967. Ägyp­ten war mit 1000 Pan­zern und 100.000 Sol­da­ten an den israe­li­schen Gren­zen auf­mar­schiert. Isra­el hat­te dann in einem Prä­ven­tiv­schlag die ägyp­ti­sche Luft­waf­fe am Boden zer­stört und danach, da die Geg­ner ohne Absi­che­rung aus der Luft waren, gro­ße Gebie­te ein­ge­nom­men. Dar­un­ter die Golan­hö­hen, den Gaza-Strei­fen, die Sinai-Halb­in­sel und das West-Jor­dan­land. Die fol­gen­de Kar­te gibt einen Über­blick über die erober­ten Gebiete:

Gebiets­ge­win­ne Isra­els im Sechs­ta­ge­krieg. Quel­le: Wiki­pe­dia Hoheit CC-BY-SA

Die Fra­ge von Jan Kage war falsch gestellt. Sie ent­hält meh­re­re Feh­ler. Leo Kaha­ne hät­te das auf­fal­len müs­sen und er hät­te den Inter­view­er auf den Feh­ler hin­wei­sen müs­sen. Der hät­te das leicht kor­ri­gie­ren kön­nen, ohne dass wir es gemerkt hät­ten, denn es war ja kein Fern­seh­in­ter­view. Die Fra­ge macht his­to­risch betrach­tet über­haupt kei­nen Sinn: War­um soll­te die SED Jüd*innen zu einem Brief anre­gen, wenn ande­re Län­der Isra­el über­fal­len? Beim Sechs­ta­ge­krieg war die Lage dage­gen anders: Isra­el hat­te einen Prä­ven­tiv­schlag geführt und im Ergeb­nis des Krie­ges gro­ße Gebie­te neu besetzt. Ein Land, das zum ande­ren Block gehör­te. Das konn­te man schon mal ver­ur­tei­len. So funk­tio­nier­te das Block­den­ken damals.

Es bleibt lei­der nur der Schluss, dass weder Inter­view­er noch Inter­view­ter sich mit der zuge­ge­be­ner­ma­ßen kom­ple­xen Mate­rie auskennen.

Mythos Antifaschismus?

Leo Kaha­ne antwortet:

Was ich zu die­sem „Sich-Ver­hal­ten“ sagen kann: Es gab tat­säch­lich eine Unter­schrif­ten­lis­te, ein State­ment jüdi­scher Bür­ger der DDR, das vie­le Künst­ler, Jour­na­lis­ten und Schrift­stel­ler ver­wei­gert haben zu unter­schrei­ben. Einer davon war mein Groß­va­ter. Die­ses State­ment war in sei­ner gan­zen Spra­che hoch­gra­dig anti­se­mi­tisch. Auch, dass man das im Namen der jüdi­schen Bür­ger ver­fasst hat, erin­nert mich an eini­ge offe­ne Brie­fe der Gegen­wart. Das Ver­ständ­nis des Juden­tums war in der DDR extrem ver­küm­mert. Auf der ande­ren Sei­te waren Bio­gra­fien wie die mei­ner Groß­el­tern unheim­lich wich­tig für den Mythos der DDR als anti­fa­schis­ti­schem Staat. Und somit auch, um nicht über das Ver­hält­nis zur NS-Nach­fol­ge­ge­sell­schaft nach­den­ken zu müs­sen. Die­ser Miss­brauch hat sicher­lich auch für Pri­vi­le­gi­en gesorgt. Aber die­se Pri­vi­le­gi­en waren ver­gif­tet und hat­ten einen Preis. Man kann sich viel­leicht vor­stel­len, wie pre­kär das jüdi­sche Leben war und wie sehr es an eine poli­ti­sche Bot­schaft der DDR gebun­den war. Sowas kann immer sehr schnell kippen.

Leo Kaha­ne

Also: Leo Kaha­ne war der Mei­nung, dass in der DDR von den USA als faschis­ti­schem Staat gespro­chen wur­de. Ande­rer­seits spricht er vom „Mythos der DDR als anti­fa­schis­ti­schem Staat“. Das heißt, er ist der Mei­nung, dass die DDR nicht anti­fa­schis­tisch war. Was denn dann? Ich bin ver­wirrt. Ich bin mein gan­zes Leben anti­fa­schis­tisch erzo­gen wor­den. Alle Kin­der der DDR waren in KZs. Ich war acht Mal in Buchen­wald (bei den Weim­ar­ta­ge der FDJ, bei einer Klas­sen­fahrt), ich war in Ausch­witz (im Rah­men eines Schul­aus­tauschs mit einer Part­ner­schu­le in Polen), ich war in Sach­sen­hau­sen (im Rah­men der Jugend­stun­den mei­ner POS). Stra­ßen, Schu­len waren nach Antifaschist*innen benannt, wir hat­ten anti­fa­schis­ti­schen Stoff in Musik, in Geschich­te, in Lite­ra­tur (z.B. haben wir Nackt unter Wöl­fen gele­sen. Ein Buch über Buchen­wald, in dem auch der Mord an den Juden the­ma­ti­siert wur­de und Die Früh­lings­so­na­te, eine Erzäh­lung, in der es um die Mor­de von SS und Wehr­macht an den Kie­wer Juden in Babyn Jar ging (33.000 Men­schen in 48 Stun­den). Zu den Details sie­he Der Ossi und der Holo­caust). Nur ein Mythos? In Wirk­lich­keit waren doch alle Faschis­ten? Wohl kaum. Die Herr­schen­den (Nicht-Juden und im Gegen­satz zum Wes­ten auch Juden) hat­ten auch im KZ geses­sen oder waren gera­de noch recht­zei­tig Rich­tung Osten oder Wes­ten geflo­hen. Man kann bzw. muss die Kom­mu­nis­ten schreck­lich fin­den, den Über­wa­chungs­staat, die Zer­set­zungs­maß­nah­men gegen die Oppo­si­ti­on usw. aber man kann nicht behaup­ten, dass sie kei­ne Anti­fa­schis­ten gewe­sen seien.

Prekäres jüdisches Leben?

Nein. Ich kann mir nicht vor­stel­len, wie pre­kär das jüdi­sche Leben war. Ich habe extra noch ein­mal nach­ge­se­hen, was pre­kär bedeu­tet: pre­kär in Wiki­pe­dia. Juden waren in der DDR pri­vi­le­giert. Wie auch die Kaha­nes (Max Kaha­ne, Doris Kaha­ne). Die rötes­ten Socken auf der Erde. Staats­künst­le­rin und ND-Chef. In Der Ossi und der Holo­caust lis­te ich ande­re Men­schen aus Wis­sen­schaft, Kul­tur und Poli­tik auf. Das schreibt Gosch­ler (1993) zur mate­ri­el­len Absi­che­rung der Opfer des Faschismus:

Dort gelang­te nun die alte Tren­nung von »Kämp­fern« und »Opfern« wie­der zu neu­en Ehren und wur­de nun auch mit mate­ri­el­len Kon­se­quen­zen gewür­digt: Kämp­fer, die das um fünf Jah­re her­ab­ge­setz­te Pen­si­ons­al­ter erreicht hat­ten oder inva­li­de waren, soll­ten eine Ehren­pen­si­on in Höhe von monat­lich 800 Mark erhal­ten, für Opfer waren dem­ge­gen­über ledig­lich 600 Mark vor­ge­se­hen. Sofern Juden also nicht Trä­ger der »Medail­le für Kämp­fer gegen den Faschis­mus 1933–1945« waren, muß­ten sie sich mit dem min­de­ren Sta­tus und ent­spre­chen­der Pen­si­ons­be­rech­ti­gung des Opfers begnü­gen. Mau muß dabei aller­dings her­vor­he­ben, daß die Höbe der Ehren­pen­sio­nen gemes­sen an DDR-Nor­mal­ren­ten exor­bi­tant hoch war; bis 1989 waren die Ehren­pen­sio­nen auf 1800 Mark für »Kämp­fer« bzw. 1600 Mark für »Opfer« angestiegen.

Gosch­ler, Con­stan­tin. 1993. Pater­na­lis­mus und Ver­wei­ge­rung — Die DDR und die Wie­der­gut­ma­chung für jüdi­sche Ver­folg­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus. In Benz, Wolf­gang (ed.), Jahr­buch für Anti­se­mi­tis­mus­for­schung, vol. 2. Frankfurt/Main: Campus-Verlag.

Die­se Ehren­pen­si­on gab es zusätz­lich zu der nor­ma­len Ren­te aus er Sozi­al­ver­si­che­rung. Nur zum Ver­gleich: 1989 betrug das Sti­pen­di­um 200 Mark. Man konn­te davon bequem leben, denn Grund­nah­rungs­mit­tel waren sehr bil­lig. Mie­te kos­te­te 30 Mark. Es wur­de den Bezieher*innen die­ser Ren­ten nahe­ge­legt, die­se nicht in Bank­fi­lia­len abzu­ho­len, um kei­nen Neid zu erregen.

Sicher, wenn man sich zum Staats­feind ent­wi­ckel­te, dann bekam man Pro­ble­me. Da gab es aber kei­ne Unter­schie­de zwi­schen Juden und Nicht-Juden. Die Zer­set­zungs­maß­nah­men der Sta­si waren für alle glei­cher­ma­ßen unschön.

Die Erklärung jüdischer DDR-Bürger*innen zum Sechstagekrieg

Das ist die Erklä­rung der jüdi­schen DDR-Bür­ger. Ich habe sie in maxi­ma­ler Auf­lö­sung hoch­ge­la­den. Wenn man das Bild anklickt, kann man den Text lesen. 

Kaha­ne sagt: „Die­ses State­ment war in sei­ner gan­zen Spra­che hoch­gra­dig anti­se­mi­tisch.“ Die geneig­te Lese­rin möge das State­ment selbst lesen. Zu Beginn steht: „Als Bür­ger der Deut­schen Demo­kra­ti­schen Repu­blik jüdi­scher Her­kunft erhe­ben wir unse­re Stim­me, um fei­er­lich die Aggres­si­on zu ver­ur­tei­len, der sich die herr­schen­den Krei­se Isra­els gegen die ara­bi­schen Nach­bar­staa­ten schul­dig gemacht haben.“ Das State­ment bezieht sich auf die Regie­rung, nicht auf die Israe­lis oder Jüd*innen an sich. Es stellt auch nicht das Exis­tenz­recht Isra­els in Fra­ge. Es wird ledig­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Staats­grün­dung nicht nach dem vor­ge­se­he­nen UN-Plan erfolg­te. Die Behaup­tung zur Grün­dung Isra­els ist nicht kor­rekt. Isra­el hat­te sich selbst gegrün­det. Die Paläs­ti­nen­ser woll­ten kei­nen eige­nen Staat grün­den und die umge­ben­den Staa­ten (Ägyp­ten, Syri­en, Jor­da­ni­en und Irak) grif­fen Isra­el an. Das Ergeb­nis des Paläs­ti­na­krie­ges war aber, dass Gebie­te, die den Paläs­ti­nen­sern zuge­dacht waren, dann 1949 israe­lisch besetzt waren.

Also: Die­ser Brief rich­te­te sich gegen die Poli­tik Isra­els und ist auch nach der Defi­ni­ti­on der IHRA, die ich im Fol­gen­den dis­ku­tie­re, nicht antisemitisch.

Im wei­te­ren Ver­lauf des Inter­views wie­der­holt Jan Kage den fal­schen Bezug auf den Jom-Kip­pur-Krieg und behaup­tet eben­falls, das State­ment dazu sei anti­se­mi­tisch gewesen:

Von hier bis zu der Debat­te nach dem Jom-Kip­pur-Krieg in der DDR: Immer wie­der kom­men die­se anti­se­mi­ti­schen Kli­schees hoch.

Jan Kage

Die­se Sache ist schwie­rig, aber wenn man sich gegen Krie­ge äußert, ist das noch lan­ge nicht anti­se­mi­tisch. Es kann anti­se­mi­tisch sein, auch kön­nen an sich nicht anti­se­mi­ti­sche Äuße­run­gen aus einer anti­se­mi­ti­schen Moti­va­ti­on her­aus getä­tigt wer­den, aber State­ments gegen einen Krieg sind nicht auto­ma­tisch anti­se­mi­tisch. Man kann sich das anhand der aktu­el­len Ent­wick­lun­gen in Gaza klar­ma­chen. Es ist abso­lut legi­tim, gegen die­sen Krieg zu sein. Ich habe Freun­de in Isra­el, die jede Woche gegen die Netan­ja­hu-Regie­rung protestieren.

Nurit auf dem Work­shop on lar­ge-sca­le grammar deve­lo­p­ment and grammar engi­nee­ring, Open Uni­ver­si­ty Hai­fa, Zikhron Ya’a­kov, 24.06.2015

Nurit hat ihre Nich­te beim Mas­sa­ker der Hamas ver­lo­ren. Sie war 17 und hat in der Wüs­te getanzt. Den­noch ist Nurit und ihre Fami­lie gegen den Krieg und sie demons­trier­te schon vor dem 7. Okto­ber 2023 jede Woche gegen die rechts­extre­me israe­li­sche Regie­rung. Ist sie anti­se­mi­tisch? Bin ich anti­se­mi­tisch, wenn ich den­ke wie sie? Wohl kaum.

Das hier ist die Defi­ni­ti­on von Anti­se­mi­tis­mus der Inter­na­tio­nal Holo­caust Remem­brance Alli­ance (IHRA), die von vie­len als zu streng abge­lehnt wird:

„Anti­se­mi­tis­mus ist eine bestimm­te Wahr­neh­mung von Jüdin­nen und Juden, die sich als Hass gegen­über Jüdin­nen und Juden aus­drü­cken kann. Der Anti­se­mi­tis­mus rich­tet sich in Wort oder Tat gegen jüdi­sche oder nicht­jü­di­sche Ein­zel­per­so­nen und/oder deren Eigen­tum sowie gegen jüdi­sche Gemein­de­in­sti­tu­tio­nen oder reli­giö­se Einrichtungen.“

Um die IHRA bei ihrer Arbeit zu lei­ten, kön­nen die fol­gen­den Bei­spie­le zur Ver­an­schau­li­chung dienen:

Erschei­nungs­for­men von Anti­se­mi­tis­mus kön­nen sich auch gegen den Staat Isra­el, der dabei als jüdi­sches Kol­lek­tiv ver­stan­den wird, rich­ten. Aller­dings kann Kri­tik an Isra­el, die mit der an ande­ren Län­dern ver­gleich­bar ist, nicht als anti­se­mi­tisch betrach­tet wer­den. Anti­se­mi­tis­mus umfasst oft die Anschul­di­gung, die Juden betrie­ben eine gegen die Mensch­heit gerich­te­te Ver­schwö­rung und sei­en dafür ver­ant­wort­lich, dass „die Din­ge nicht rich­tig lau­fen“. Der Anti­se­mi­tis­mus mani­fes­tiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in ande­ren Hand­lungs­for­men, er benutzt unheil­vol­le Ste­reo­ty­pe und unter­stellt nega­ti­ve Charakterzüge.

Das ist eine sinn­vol­le Defi­ni­ti­on mit einer sinn­vol­len Erklä­rung. Es ist nicht so, wie oft behaup­tet wird, dass die­se Defi­ni­ti­on Kri­tik an Isra­el unmög­lich machen wür­de. Jede Kri­tik an Isra­el wür­de aber sofort anti­se­mi­tisch wer­den, wenn man behaup­ten wür­de, dass Isra­el Gaza nur des­halb platt­ge­macht hat, weil die Men­schen in Isra­el Juden sind.

Also noch­mal: Die DDR war gegen Isra­el, weil Isra­el Teil des kapi­ta­lis­ti­schen Blocks war. Das steht auch sehr klar in die­sem Brief.

Nazis auf den mittleren Ebenen?

Jan Kage fragt:

Auch in der DDR hat man nach 1945 weder Rich­ter noch Staats­an­wäl­te oder Leh­rer – die­sen gan­zen Mit­tel­bau aus Beam­ten – aus­ge­tauscht. Das ging nicht, weil man nicht schnell genug nach­aus­bil­den konn­te. Statt­des­sen tausch­te man die Füh­rungs­ebe­ne aus. Und von hier konn­te man dann gut vom Osten auf den Wes­ten zei­gen. Wir sind die Guten und da drü­ben bei Ade­nau­er sit­zen die Faschis­ten. Und in Öster­reich auch. Waren die jüdi­schen Leu­te in der DDR Kron­zeu­gen für die­se eige­ne anti­fa­schis­ti­sche Erzählung?

Leo Kaha­ne wider­spricht dem nicht, aber die Aus­sa­ge ist ein­fach falsch. Es gab nach dem Krieg die soge­nann­ten Neu­leh­rer. Ich ken­ne per­sön­lich einen Latein/­Kunst-Leh­rer, der Mit­glied der NSDAP gewe­sen war und nach dem Krieg nicht arbei­ten durf­te. Das steht im Wiki­pe­dia-Ein­trag zu den Neulehrern:

Wur­den im ers­ten Schul­jahr noch eini­ge Leh­rer mit natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Ver­gan­gen­heit gedul­det, so wur­den die Richt­li­ni­en für den Ver­bleib im Schul­dienst schritt­wei­se ver­schärft. In den west­li­chen Besat­zungs­zo­nen konn­ten eini­ge Leh­rer mit zwei­fel­haf­tem Hin­ter­grund nach soge­nann­ten „Ent­bräu­nungs­kur­sen“ ab 1947 wie­der in den Schul­dienst ein­tre­ten, wäh­rend in der sowje­ti­schen Besat­zungs­zo­ne das Neu­leh­rer­pro­gramm so umfang­reich gestal­tet wur­de, dass gro­ße Tei­le der bis­he­ri­gen Leh­rer­schaft von den rund 40.000 Neu­leh­rern ersetzt wur­den. Obschon die alte Leh­rer­schaft die Qua­li­tät einer höchs­tens ein­jäh­ri­gen Umschu­lung anzwei­fel­te, war auf­grund des zumeist aka­de­mi­schen Hin­ter­grun­des der Neu­leh­rer das Ergeb­nis hin­rei­chend gut und ermög­lich­te den sonst im Nach­kriegs­deutsch­land auf­ga­ben­lo­sen Beru­fen eine fes­te Anstel­lung. Die gro­ße Mehr­zahl der Neu­leh­rer blieb auf Dau­er im Schul­dienst tätig.

Wiki­pe­dia­ein­trag Neu­leh­rer, 05.11.2025

Ehm, davon unab­hän­gig bleibt der Rest natür­lich wahr: Die Füh­rungs­ebe­ne war aus­ge­tauscht und die Faschis­ten saßen im Wes­ten. Hans Glob­ke zum Bei­spiel. Glob­ke war Mit­ver­fas­ser der Nürn­ber­ger Ras­sen­ge­set­ze und rech­te Hand Ade­nau­ers. Die Orga­ni­sa­ti­on Geh­len war der Vor­läu­fer des BND und wur­de von Nazis auf­ge­baut. Alles so Sachen, die man schlecht weg­dis­ku­tiert bekommt. Ich habe auch für KZ-Mann­schaf­ten Ver­bleibs­stu­di­en ange­stellt. Die Schwer­ver­bre­cher sind bis auf sehr weni­ge Aus­nah­men alle in den Wes­ten oder über die Rat­ten­li­nie (von der katho­li­schen Kir­che bzw. US-Geheim­diens­ten orga­ni­siert) nach Argen­ti­ni­en oder in die ara­bi­sche Welt geflo­hen. Sie­he Nazis im Wes­ten, Nazis in der SED und Das SS-Lager­per­so­nal von Buchen­wald.

Antisemitismus?

Ich möch­te einen Punkt noch ein­mal klar machen: Isra­el begeht Men­schenrechs­ver­let­zun­gen. Der Anti­se­mi­tis­mus­vor­wurf ist eine Immu­ni­sie­rungs­stra­te­gie: Jede Kri­tik an Isra­el wird sofort als Anti­se­mi­tis­mus geblockt. Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis viel­leicht hier ein Bei­spiel für sol­che Stra­te­gien aus den Mate­ria­li­en der Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung, die Leo Kaha­nes Tan­te Anet­ta Kaha­ne gelei­tet hat. In der Erklä­rung anti­se­mi­ti­scher Codes wird neben Roth­schild, Rocke­fel­ler, Geor­ge Sor­os, Mark Zucker­berg und Bill Gates noch Anet­ta Kaha­ne genannt.

Bei­spiel für anti­se­mit­sche Codes in Mate­ri­al der Ama­deu-Anto­nio-Stif­tung erstellt am 23.09.2021 decon­s­truct anti­se­mi­tism! Anti­se­mi­ti­sche Codes und Meta­phern erken­nen, auch heu­te noch vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung, Fami­lie, Senio­ren, Frau­en und Sport ver­linkt.

Als beschei­de­ner Mensch wür­de ich, wenn ich für eine sol­che Bro­schü­re ver­ant­wort­lich wäre (Anet­ta Kaha­ne lei­te­te die Stif­tung bis 2022), dafür sor­gen, dass man Name aus die­ser Lis­te ver­schwin­det, selbst wenn die Aus­sa­ge wahr wäre. Davon abge­se­hen: Anet­ta Kaha­ne mag sich als Aus­län­der­be­auf­trag­te und auch im Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus ver­dient gemacht haben, sie spielt aber in einer gaaaaa­anz ande­ren Liga als Rocke­fel­ler, Sor­os, Zucker­berg und Gates. In einer ganz ande­ren. So anders, dass es schon weh tut. Die Auf­nah­me des eige­nen Namens in eine sol­che Lis­te ist der Ver­such der Immu­ni­sie­rung: Alle die Anet­ta Kaha­ne kri­ti­sie­ren, han­deln anti­se­mi­tisch, wenn man die Kri­te­ri­en von Anet­ta Kaha­ne zugrundelegt. 

Zusammenfassung

Zusam­men­ge­fasst: Auch Israe­lis kön­nen Ras­sis­ten sein, auch Israe­lis kön­nen das Völ­ker­recht bre­chen und Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen bege­hen. Und Anet­ta Kaha­ne und ihr Nef­fe kön­nen Unfug über den Osten ver­brei­ten. Dass man zu einer dis­kri­mi­nier­ten Min­der­heit gehört, bedeu­tet nicht, dass man unfehl­bar ist. Um es mit Fun­ny van Dan­nen zu sagen: Auch les­bi­sche schwar­ze Behin­der­te kön­nen ätzend sein!

Das gan­ze Inter­view ist mal wie­der ein Ärger­nis und letzt­end­lich auch ein Bei­trag zur För­de­rung des Faschis­mus, auch wenn das Jan Kage und Leo Kaha­ne jetzt weh­tun mag. Die Bericht­erstat­tung über den Osten ist seit über 35 Jah­ren auf ähn­li­chem Niveau. Das hat zur Fol­ge, dass die west­deut­schen Leit­me­di­en im Osten nicht mehr kon­su­miert wer­den (Fromm, 2021), dass wei­te Tei­le der ost­deut­schen Gesell­schaft nicht mehr am Dis­kurs teil­neh­men und dann ihre Infor­ma­tio­nen aus diver­sen Schmud­del­ka­nä­len auf Tele­gram und sonst­wo bekom­men. War­um soll­ten sie Geld bezah­len, um Falsch­in­for­ma­tio­nen über sich zu lesen? War­um soll­ten sie Men­schen aus dem Wes­ten zuschau­en, die über sie spre­chen? Oder Men­schen aus dem Osten, die kei­ne Ahnung haben, wie die DDR war und The­sen ver­brei­ten, die zu dem pas­sen, was Men­schen aus dem Wes­ten hören wol­len? Die­se Men­schen zurück­zu­ho­len dürf­te schwer wer­den. Viel­leicht ist es bereits zu spät.

Quellen

Fromm, Anne. 2021. Pres­se in Ost­deutsch­land: Wer strei­chelt unse­re See­le? taz. Ber­lin. (https://taz.de/Presse-in-Ostdeutschland/!5756271/)

Gosch­ler, Con­stan­tin. 1993. Pater­na­lis­mus und Ver­wei­ge­rung — Die DDR und die Wie­der­gut­ma­chung für jüdi­sche Ver­folg­te des Natio­nal­so­zia­lis­mus. In Benz, Wolf­gang (ed.), Jahr­buch für Anti­se­mi­tis­mus­for­schung, vol. 2. Frankfurt/Main: Campus-Verlag.

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